27.09.2025 bis 11.01.2026
Zwischen Spannung und Balance
Zwei Menschen im Kampf – doch es geht nicht um Sieg oder Niederlage. Gleichgewicht des Unsichtbaren entfaltet sich als künstlerisches Sinnbild des menschlichen Daseins. Was aussieht wie ein Kampf, kann auch ein Tanz sein – voller Spannung, Kontrolle und innerer Ruhe. In seiner neuesten Videoarbeit verwandelt Bodo Korsig eine japanische Kampfszene in ein intensives audiovisuelles Erlebnis. Angriff und Verteidigung verschmelzen zur Harmonie, der Konflikt wird zur Metapher für das ständige Ringen um Ausgeglichenheit in einer Welt voller Unsicherheit.
Dabei verschränkt Korsig erneut die Grenzen zwischen den Gattungen und verbindet bewegtes Bild, Text und Musik zu einer dichten, atmosphärischen Einheit. Im Zentrum steht die durchritualisierte Choreografie der Konfrontation – nicht als reine Darstellung physischer Gewalt, sondern als Spiegel innerer und universaler psychischer Erfahrungen: Zwiespalt, Angst, das Schweben zwischen Hoffnung und Bedrohung. Der im Film wiederkehrende Schlag auf die Makiwara wird zum Symbol von Kondition, Schnellkraft und Belastbarkeit – Eigenschaften, die auch im Alltag zählen.
Statt Gewalt stehen Kontrolle und Wandlung im Fokus: Die Energie des Angriffs wird aufgenommen, umgeleitet, entschärft – ein Sinnbild für einen bewussten Umgang mit Konflikten. Mit minimalistischen, aber präzisen Mitteln entfaltet Korsig eine komplexe Symbolik, in der der Kampf nicht Zerstörung bedeutet, sondern Achtsamkeit, Selbstbeherrschung und das Streben nach Balance. Die Ästhetik der Bewegung wird so zur künstlerischen Sprache für die Fragilität menschlicher Existenz.
Die Wirkung intensiviert sich durch die experimentellen Klänge des Digital Artists Bonko Karadjov in Kooperation mit Bodo Korsig, die der Szene eine besondere emotionale Ausdruckskraft verleihen. Der Text des chilenischen Schriftstellers Enrique Winter eröffnet dem Werk zudem eine literarische Ebene. Korsigs Videoarbeit fordert auf, über die eigene Posi- tion in einer konfliktreichen, aus dem Gleichgewicht geratenen Welt nachzudenken.