Zwickauer Pechstein-Museum präsentiert neu erworbenes Gemälde

veröffentlicht am: 16.01.2024

Das Kulturamt informiert:

„Die Bäuerin“ von 1909 schließt Sammlungslücke

Die KUNSTSAMMLUNGEN ZWICKAU konnten für das Max-Pechstein-Museum das Werk „Bäuerin“ (1909) des in Zwickau geborenen Expressionisten Max Pechstein erwerben. Mit dem in Nidden entstandenen Gemälde kann eine große Lücke in der Sammlungspräsentation geschlossen werden. Der Ankauf des wichtigen Werkes wurde erst durch die Kulturförderung der Zwickauer Energieversorgung GmbH (ZEV) möglich. Öffentlich präsentiert wird das Werk am Freitag, dem 26. Januar um 18 Uhr.

Bekannt wurde Max Pechstein (1881-1955) als Mitglied der 1905 in Dresden gegründeten Künstlergruppe „Brücke“ durch seine farbintensiven Gemälde mit Darstellungen von Mensch und Natur. Im Jahr 2014, zum einhundertjährigen Gründungsjubiläum des Zwickauer Museums, wurde das Max-Pechstein-Museum in den Kunstsammlungen feierlich eröffnet. Seither sind über 50 Werke des gebürtigen Zwickauers hier öffentlich zugänglich. In einer weltweit einmaligen Präsentation werden die verschiedenen Schaffensphasen eines der bedeutendsten Künstlers des deutschen Expressionismus aufgezeigt. Die stilistische Bandbreite seines Schaffens reicht dabei weit über die bedeutenden Werke aus der „Brücke“-Zeit hinaus. Entsprechend sind im Max-Pechstein-Museum Arbeiten aus sieben Jahrzehnten zu sehen.

Die Auswahl spannt den Bogen von dem frühesten erhaltenen Gemälde „Geierwally“ des jugendlichen Pechstein bis zu Gemälden aus seinen letzten Lebens- und Schaffensjahren. Die Dauerausstellung beinhaltet neben Landschaften und Stillleben zudem die weniger bekannten dekorativen Werke wie Glasbilder und Mosaike. Ebenso gehören zahlreiche Porträts oder das in seiner Farbigkeit surreal anmutende Spätwerk des Künstlers zu den Besonderheiten. In die Präsentation sind dutzende Dauerleihgaben aus Privatbesitz eingebunden. Zielstellung ist, kontinuierlich wichtige Gemälde für die Sammlung und die Dauerausstellung zu erwerben. 

Seit den 1990er-Jahren ist es mit Unterstützung zahlreicher Förderer und Stiftungen sukzessive gelungen, den hauseigenen Gemäldebestand gezielt zu erweitern. Bis zum Ankauf der „Bäuerin“ befanden sich dennoch lediglich neun Gemälde im Bestand der Sammlung. Die Werke in der Sammlung umfassen neben dem Schülerwerk „Geierwally“ (um 1895) ein von Cézanne inspiriertes Stillleben, das noch unter Hildebrandt Gurlitt erworben wurde („Stillleben mit Fruchtschale“, 1912), drei Gemälde aus den Jahren des Ersten Weltkrieges, davon zwei Südsee-Szenen („Im Kanu“, 1917; „Chogealls“, 1917) und ein doppelseitig bemaltes („Stillleben mit Calla“, 1917; „Blumen, Flasche, Spiegel“, 1918) sowie ein Spätwerk („Sonnenblumen“, 1948). Kürzlich erworben wurde ein Porträt von Mica Plietzsch („Das blaue Kleid: Bildnis Frau Dr. Plietzsch“, 1921) sowie eine Landschaftsdarstellung „Brücke“, ebenfalls von 1921, das die für Pechstein bedeutende Lebens- und Schaffensphase in Leba in Hinterpommern einleitet.

Weiterhin gehören zur Sammlung mehr als 150 Zeichnungen, Aquarelle und Druckgrafiken sowie angewandte Arbeiten und über 450 zum Teil eigenhändig illustrierte Briefe und Postkarten Pechsteins.

Mit dem Gemälde „Bäuerin“ und dessen ganz eigener Ästhetik und Farbigkeit kann das Museum eine große Lücke in der Sammlungspräsentation schließen. Zudem stammt dieses Bild aus der kunsthistorisch bedeutendsten Zeit – als Pechstein in der weltberühmten Künstlergruppe „Brücke“ aktiv war (1906-1912).

Max Pechstein, Bäuerin, 1909

Das 65 x 50 cm große Gemälde entsteht im Rahmen von Pechsteins erstem Aufenthalt in Nidden auf der Kurischen Nehrung im Sommer 1909, den der Künstler rückblickend als „eine der wichtigsten Arbeitsepochen“ überhaupt beschreibt. Im April 1909 nimmt der Künstler mit drei Gemälden an der Frühjahrs-Ausstellung der Berliner Secession teil und verkauft zwei davon während der Ausstellung. Vom Erlös finanziert er sich seinen ersten Sommeraufenthalt auf der kurischen Nehrung. Am 13. Juni 1909 reist er nach Nidden über Königsberg und Tilsit und bleibt bis Anfang September. Er mietet sich in einer Fischerhütte am Haff ein. Hier stellt Pechstein nun erstmals das Naturerlebnis und die Begegnung mit den Bewohnern in den Mittelpunkt seines Schaffens. Es entstanden Darstellungen des Dorfes und der Einheimischen, Porträts der Fischer, Bäuerinnen und Kurenkinder in ihren landestypischen Trachten. 

Nidden bereiste der Künstler immer wieder, so in den Jahren 1909, 1911, 1912, 1919, 1920 und 1939. Die Reisen erscheinen als Flucht an die Orte, wo für Pechstein die Übereinstimmung von Leben und Kunst scheinbar möglich wurde, jenseits der Großstadt Berlin, in der er ab 1908 lebte. Pechstein sucht hier in der Weite der Landschaft und bei den in einfachen Verhältnissen lebenden Menschen die viel beschworene Einheit von Mensch und Natur, die für sein Werk so bestimmend wird.

Das Porträt der Niddener „Bäuerin“ mit gelbem Kopftuch, weißer Bluse und dunklem Kleid lässt an der Stilfindung des jungen Pechstein teilhaben und zeigt, wie sehr er einerseits noch um die Darstellung von Details wie der korrekten Wiedergabe der landestypischen Tracht bemüht ist und in der lockeren Pinselführung von Vincent van Gogh, einem der Väter der Moderne, inspiriert wird. Die leuchtenden Farben, die Kontraste, die Betonung der Konturen und die verstärkte Abstrahierung deuten andererseits bereits Pechsteins weitere künstlerische Entwicklung der kommenden Jahre an. Größer werdende Farbflächen ersetzen allmählich den kurzen Strich, zunehmend pastoser ist der Gebrauch der Ölfarbe.

Statement Zwickauer Energieversorgung GmbH

Die KUNSTSAMMLUNGEN ZWICKAU Max-Pechstein-Museum konnten das Gemälde über ein Auktionhaus aus Privatbesitz erwerben. Der Finanzausschuss der Stadt Zwickau hatte dem Ankauf bereits im März 2023 zugestimmt. Der Preis liegt bei knapp 170.000 Euro und konnte dank der Unterstützung der ZEV finanziert werden.

Deren kaufmännischer Geschäftsführer Dominik Wirth betont: „Die Kunstsammlungen Zwickau gehören zu den bedeutsamsten kulturellen Einrichtungen in Mitteldeutschland. Das Max-Pechstein-Museum als Herzstück präsentiert zahlreiche Werke des herausragenden Expressionisten Max Pechstein und zieht damit auch überregional Kunstliebhaber an. Für uns ist es seit vielen Jahren eine Herzensangelegenheit, das Museum zu unterstützen und somit das kulturelle Bewusstsein, die Lebensqualität und die künstlerische Vielfalt vor Ort zu fördern. Mit langjährigen Vereinbarungen schaffen wir zudem für beide Seiten Planungssicherheit. Wir freuen uns, dass das Museum mit unserer Hilfe das Kunstwerk „Bäuerin“ von Max Pechstein erwerben konnte. Die Ausstellung wird so um ein ganz besonderes und kulturgeschichtlich bedeutendes Ausstellungsstück bereichert.“

Das neu erworbene Gemälde: Max Pechstein, Bäuerin (1909)
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1914 erbaut beherbrgen die KUNSTSAMMLUNGEN seit 10 Jahren das Max-Pechstein-Museum.
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